Am Samstag fuhr ich mit dem Rad 15 km auf die Insel Poel. Ich wollte unbedingt Ostseeluft schnuppern und selbst im Schuhladen in Schwerin schwärmte der Händler von dieser Insel.
Raus aus der Stadt führte der Radweg über den breiten Gehweg am Bahnhof vorbei, dann immer Richtung Norden. Zwischen den Orten war der Radweg gut geteert, in den Dörfern musste ich mich zwischen Gehweg und Straße entscheiden. Früher mussten die Badegäste noch mit dem Schiff auf die Insel fahren, seit 1927 gibt es den Damm. Bei wolkigem Himmel und 20 Grad fuhr ich an Raps- und Weizenfeldern vorbei, die auf besseres Wetter hofften, um abgeerntet werden zu können, an wilden Pferden in einer lagunenartigen Meer-Land-Schaft. Dann sah ich den dicken, roten Turm der Kirche, die dem Hauptort den Namen Kirchdorf gab. In der Nähe sah ich Aufbauten des Mittelaltermarktes und ihre Protagonisten wirkten schläfrig.
Die frühere Klosterkirche und heutige Gemeinde-Kirche liegt am Haff und ist umgeben vom Friedhof. Das gefällt mir immer sehr. Bleiben da die Toten mit den Lebenden nicht stärker verbunden als die Gemeinschaft der Heiligen? Die auf dem Friedhof und die in der Kirche eint die Hoffnung auf die Auferstehung.
Der Turm stammt aus dem 12.Jahrhundert, wirkt mächtig und verwurzelt. Die Kirche wurde dann ab dem 13.Jahrhundert erweitert. Äußerlich gut erhalten, braucht sie Innen Renovierung. Nicht einfach bei den vielen schönen und alten Dorfkirchen in dieser Gegend.
Das gotische Gotteshaus wirkt licht und klar. Trotz mächtiger Mauern gibt es einen Vorgeschmack auf das ewige Leben in der Gemeinschaft der Erlösten.
Dies wird durch den Flügelaltar, der um 1420 entstanden ist, unterstrichen. Auf zwei „Etagen“ sind heilige Männer und Frauen als Skulpturen abgebildet. Oben die Apostel, Johannes der Täufer und Nikolaus. Der Schutzpatron der Seeleute war so wichtig, dass ein Apostel unterschlagen wurde.
In der unteren Reihe stehen heilige Frauen wie Maria, Maria Magdalena, Cäcilia, Barbara, Katharia. Nicht alle konnten identifiziert werden. Könnte man heute von einem mittelalterliche-gegenderten Altar sprechen?
In der Mitte ist Christus abgebildet der Maria segnet. Ist es eine Art Marienkrönung? Oder segnet Christus in ihr die Verkörperung der Gemeinde? Oder segnet Christus in Maria ihren exemplarischen Glauben? Es gibt oft mehrere Deutungsmöglichkeiten. Das finde ich reizvoll.
Sehr schön Apollonia mit der Zange. Sie soll man bei Zahnschmerzen anrufen.
Um 1900 wollte die Gemeinde den Altar durch einen neuen ersetzten. Glücklicherweise erlaubte es der mecklenburgische Großherzog nicht, erfahre ich aus einem Infoblatt.
Vermutlich aus der gleichen Zeit gibt es einen Marienaltar, der früher in einer Seitenkapelle stand.
Hält Maria eine rote Rose oder Tulpe in der Hand. Das Christkind einen Apfel? Dieser Flügelaltar zeigt die gestiegene Marienfrömmigkeit im 15.Jhd und die Sehnsucht nach einem menschennahen Gott. Die vier Szenen auf den beiden Flügeln akzentuieren die Menschwerdung Gottes in besonderer Weise:
Natürlich darf bei einem Marienaltar der Besuch des Engels Gabriel nicht fehlen. Maria wird als gebildete und fromme Frau beschrieben. Erwähnenswert ist die Darstellung von Jesu Beschneidung. (Fest 1.1.) Eine Erinnerung an den Juden Jesus.
Bei der Geburt fehlt Joseph. Ein Platzproblem? Oder soll hier die Natur Jesu als wahrer Mensch und wahrer Gott unterstrichen werden. Ein Hirte, als Vertreter der einfachen Leute, ist bei den Schafen zu sehen.
Auch der Feiertag am 6.1. mit der Anbetung der Könige kommt vor.
Eine schöne Kirche mit kostbaren Schätzen.
Ich fuhr weiter zum Strand Schwarzer Busch und nahm ein Bad in der erfrischenden Ostsee.