Kirche und Kunst

Nach vier Tagen allein ist es schön, mit Steffi unterwegs zu sein, Eindrücke zu teilen, zu reden, zu lachen, Zeit zu haben… (ohne Kinder!)

Leider ist das Museum mit den Niederländischen Meistern in restauro, aber eine kleine Auswahl ( best of) dürfen wir im Schweriner Schloss mit Erklärungen bestaunen. Tolle Idee! Die Kuratorin hat schöne Texte dazu geschrieben. Stimme komplett zu, dass Kunst eine Tochter der Religion ist. Aber weiter im Text muss ich widersprechen…

Das hier erwähnte Bilderverbot des Dekalogs bezieht sich auf die Darstellbarkeit Gottes. Schon im 4. Jahrhundert gab es Bilder in den Kirchen, lange bevor Mecklenburg christianisiert wurde. Christus wurde gemalt, biblische Geschichten und Heilige. Ab dem 14. Jahrhundert malte man sogar Gott. Ob das klug war? Theologisch halte ich das für einen Irrweg. Kann gut verstehen, dass Calvin und die Reformierten dies ablehnten, weil Menschen eigene Vorstellung in solch ein Bild hineinprojizieren. Deshalb sieht Calvin in der bildlichen Darstellung eine Form der Gotteslästerung, man versucht Gott habhaft zu werdenund malt einen Götzen. Berühmtes Beispiel: Gott in der Sistina gemalt von Michelangelo!
Die Ablehnung von Bildern in den Kirchen hat die Kunst in den reformierten Gebieten eher befreit. Warum malten vor allem niederländische Künstler Portraits und Alltagsszenen? Natürlich auch biblische Szenenen wie bei Rembrandt. Beispiele von Potraits und Alltag konnten wir in Schwerin sehen. Entfernung der Heiligen-Bilder in calvinistischen Gebieten darf nicht mit Kunstfeindlichkeit verwechselt werden, sondern befreite die Künstler neue Sujets zu finden.

Hendrick Averkamp und Hendrick van Vliet zeigen mit ihren Bildern wie sich die Kunst in den reformierten Gebieten entwickelte.
Eine ungewöhnliche Entdeckung in der kleinen Austellung waren die Portraits des „Königs“ der Wiedertäufer und einer seiner Gemahlinnen.

Machmal habe ich Bilder gesehen mit dem Auferstandenen der Maria Magdalena begegnet. Jesus mit einer Gartenschaufel und Gärtnerkleidung hat mich überrascht:

Im gotischen Dom St. Marien und St. Johannis gefällt mit das Motiv des Lebenskreuzes. Es stammt aus der bombengeschädigten und 1960 abgerissenen Kirche Nicolai (?) aus Wismar. Die grünen Blätter, die aus dem toten Stamm wachsen, sind ein starkes Symbol für die Heilsbedeutung von Karfreitag und Ostern.

Natürlich hängen in der Kirche große Bilder von Luther und Melanchton. Ungewöhnlich ist das Portrait von Judas aus dem 20. Jahrhundert in einer Kirche. Ich meine die ratlose Verzweiflung des Verräters zu sehen. Aber auch über Judas scheint das Licht der Versöhnung des Gekreuzigten.

Judas

Mich freut es, dass die Gemeinde sich entschieden hat, neue Fenster nach Entwürfen des Malers Günther Uecker in den Dom einbauen zu lassen. Ein Fenster ist schon ausgeführt in himmlischen blau. Solche moderne Kunst bereichert die Kirche und gefällt mir besser als der Historismus um 1900 und viele Kirchenfenster aus den 50er und 60er Jahren.

Kirchenfenster Günther Uecker

Postskriptum: Im Schweriner Schloss entdeckte ich ein schönes Bild das Lebensfreude und Vergänglichkeit zusammenbringt. Allerdings überlege ich, ob der sogenannte „Römer“ auf dem Bild des Niederländischen Malers eine Vorform des Dubbeglasses sein könnte. Was meint Ihr?
Das Kunstwerk auf der Titelseite stammt von Stefanie Neumann, deren Ausstellung „Disco in der Küche“ ich in Schwerin sehen durfte.