So gut wie im Strand habe ich die die ganze Flandernreise nicht geschlafen. Lag es an dem alternativ-phantasievollen Ambiente oder war ich nach so viel km pedalieren eindach müde? Das schön-einfache Frühstück erinnerte mich an Kindheitstage(„Schokostreusel“) und Studienzeiten (verschiedene Stühle).
Radfahrer/innen haben auch in Gent Vorfahrt und so waren wir flugs aus der schönen Stadt. Vorher musste ich noch meinen Helm im Schließfach der Kathedrale abholen. Hat mich der Genter Altar verwirrt oder ist es mein Alter?
Zunächst radelten wir schön am Kanal entlang, bald aber auf einem Radweg neben einer gut befahrbaren Straße. Es war kühler als gedacht, lag am leichten Gegenwind. Wir waren froh, als wir endlich nach Aalst kamen. Die Innenstadt ist überraschend schön und historisch-flandrisch. Gotisches Rathaus mit Belfried und Glockenspiel, großer Markt und Stadthaus und Kirche. Wir wärmten uns mit Tee und belgischen Waffeln auf.
Als wir kurz nach 12 weiterradelten war gerade die Schule aus und es wimmelte von Kindern und Jugendlichen auf velos. Nun ging es über kleine Dörfer hoch und runter Richtung Hauptstadt. Wir merkten unsere Waden und mussten treten. Dann bogen wir auf einen Schotterweg, der bald ein Feldweg und ein Pfadt wurde. Endlich kamen unsere Gravelbikes zum Einsatz. Ich mag den Geruch der reifen Maisfelder. 20 km vor Brüssel einsame Idylle.
Dann waren wir in der Stadt und mussten über Tramschienen hüpfen. In Gent war ich anfangs ängstlich und langsam, wie bei vielen Dingen gewöhnt man sich daran. Dennoch empfinde ich das Radeln in der Großstadt als anstrengend, weil man hellwach sein muss. Die Vielfalt der Menschen gefällt mir als Dorfkind gut.
Vor dem Gare Midi war die Verkehrssituation unübersichtlich. Nach fast 60 km mit 19,5 km Geschwindigkeit erreichten wir den Bahnhof. Wir tauschten unsere Radklamotten mit Zivilkleidung, verstauten die Radtaschen im Schließfach und radelten ins Zentrum. Ich finde es interessant durch verschiedene Viertel zu kommen und so eine bunte Stadt zu erleben. Wir sprachen mit zwei italienischen Studenten aus Pescara, erlebten Bettler und Gestrandete, Touris, Geschäftsleute …
Am Marktplatz wunderten uns die Vergoldungen. Die Kathedrale liegt abseits vom großen Markt. Sie ist Michael geweiht.
Wir beide sind uns einig, dass KunstRadFahren eine schöne Sache ist. Etwas Sport mit dem Rad, vorbei an Landschaften, um dann am Nachmittag eine Stadt zu besichtigen und auch etwas Leckeres zu essen und zu trinken . Manchmal kommt es unerwartet zu schönen kleinen Begegnungen und Gesprächen.
Heijo meint: „Es hat Spaß gemacht“. Das lasse ich als Spruch des Tages durchgehen. Besser jedenfalls als die Bemerkung des Zivilfahnders über unsere Räder: „Das Canyon ist noch schöner“. So eine Fehleinschätzung. Mein Cube hat gut funktioniert.