Endlich wieder mit dem Rad unterwegs, endlich wieder mit einem Freund ein paar Tage. Seit unserer Romtour 2022 kamen zu viele Krisen dazwischen. Auch jetzt scheint die Welt aus Krisen zu bestehen und dann fahren wir beschaulich durch das Land.
Es ist noch frisch, als ich um 7:25 Uhr von Haßloch Richtung Pfäffingen aufbreche. Die Straßen füllen sich erst in Speyer. Gestärkt durch einen Espresso geht es über den Rhein. Wir fahren meist Radwege, oft durch Wohngebiete, selten Wald oder freies Feld. Das Rheintal ist zugebaut, teilweise gibts gute Radwege.
In Bruchsal im Schlosspark unter großen Bäumen eine schattige Rast. Trink-und Dehnpause. Was die Speyrer Fürstbischöfe hier alles hingestellt haben, im der protestantischen Bürgerschaft auszuweichen.


Bald sind wir in Bretten. Zur Erhöhung der Kraft kaufen wir Käseweck ein. Geistig stärken wir uns am schönen Ensemble des Marktplatzes und Melanchthon-Haus. Typisch Historismus aber dieser Typ als Reformator gefällt mir. Der war kompromissbereit.
Es geht weiter durch das Salzachtal, es wird ruhiger. Grüne Wiesen, Vögel tirilierten. Ach, wie ist die Welt so schön, trotz allem. Kurzer Abstecher nach Kleinvillars, wo waldensische Flüchtlinge Ende des 17.Jahrhunderts angesiedelt wurden. Ich versuche an alten Häusern zu lesen, ob die Migranten etwas mitbrachten aus dem Süden.




In Maulbronn wartete Wein aus Maikammer auf uns. Pfalzglobal. Ich beobachtete eine Kinderschar, die fröhlich und sich helfend balancieren übten. Kleines Glück am Rande großer Geschichte. Interessant wie aus einem Kloster der Einfachheit, der Bildlosigkeit durch die Reformation eine Bildungsanstalt werden konnte. Heute ist die Klosterkirche evangelisch und in einem kleinen Häuschen werden Yogakurse angeboten. Wie kann Frömmigkeit uns zu einem neuen, auch widerständigen Leben leiten?




Wir brauchen erst mal eine Abkühlung. Der tiefe See tut so gut. Einrauchen, abkühlen, Wasser auf der Haut. Einige verteidigen mit Handtüchern ihre Schattenplätze. Ich komme mit einem Raucher ins Gespräch. Vom Fischteich des Klosters zur Badeanstalt. Ist das Fortschritt?
Nun kommen noch drei Steigungen laut Navi. Die ersten beiden schaffen wir mit Bravour. Dann stehen wir vor dem Haus von Henri Arnaud in Schönberg. Er hat hier gebaut und 3000 Waldenserflüchtlingen geholfen, aber auch 1000 Mann über Bergpässe nach Savoyen geführt, um mit Guerillia-Taktik die alte Heimat zu befreien. Wie wichtig war diesen Menschen ihr Glaube. Was haben sie vor mehr als 300 Jahren auf sich genommen-ganz ohne work-life-balance?




Am Schluss wurde es so steil, dass wir schieben mussten. Hm. Fehlte uns Kraft? Es war heiß und Loser Untergrund und wir sind auch älter. Endlich nach 94 km und fast 700 HM 4:41 Minuten waren wir geschafft und hatten es geschafft. Einchecken in Wiernsheim, Gasthaus Hexenwinkel. Ist das jetzt ein gutes Zeichen?